Viele sehen den Einsatz von Informationstechnologie (IT) in Rechtsabteilungen und Kanzleien nur als Möglichkeit von Rechtsabteilungen, dem seit Jahren steigenden Kostendruck zu begegnen. Wenn Rechtsabteilungen die Kosten für Inhouse-Anwälte und die Beauftragung von externen Anwälten jährlich reduzieren müssen, dann suchen sie ihre Rettung in der Kostenverlagerung. Mit anderen Worten: Maschinen statt Menschen. Wenn Rechtsabteilungen in der steigenden Arbeitsflut nicht untergehen sollen, dann suchen sie ihre Rettung in der Effizienzsteigerung. Anders ausgedrückt: Mehr Maschinen statt mehr Menschen.
Eine andere Perspektive gerät dabei leicht aus dem Blick: Wenn Rechtsabteilungen sich darauf konzentrieren, ihren Mehrwert für das Unternehmen zu steigern, können Technologie und Digitalisierung diesen Prozess der Wertschöpfungssteigerung beschleunigen und die Innovationskraft der Rechtsabteilung innerhalb des Unternehmens steigern. Diese Perspektive soll nachfolgend den Blickwinkel bilden.
Rechtsabteilungen durchleben seit Jahrzehnten wie viele andere Unternehmensfunktionen einen Wandel, der das Selbstverständnis, die unternehmerischen Erwartungen und die strategische Ausrichtung nachhaltig verändert hat. Die Ausrichtung einer Rechtsabteilung auf die konsequente Förderung der Unternehmensziele und die Schaffung von messbarem Mehrwert für das Unternehmen lässt sich schneller und dauerhafter erreichen, indem unternehmensspezifische Legal Tech-Instrumente zur praktischen Anwendung in der Rechtsabteilung kommen. Legal Tech ist indes kein Allheilmittel. Rechtsabteilungen sollten es – wohlüberlegt – als eines von vielen Instrumenten zur Steigerung ihrer Innovationskraft und Wertschöpfung nutzen.
Die Rechtsabteilung der Zukunft ist im Jetzt angekommen
Keine Rechtsabteilung gleicht der anderen. Sie spiegelt das Unternehmen wider, in dem sie verankert ist. Die Rechtsabteilung eines mittelständischen Unternehmens ist anders aufgestellt und ausgerichtet als die eines global operierenden Konzerns. Aber auch innerhalb von Rechtsabteilungen von vergleichbaren Unternehmen (Mitarbeiter- und Finanzkennzahlen) gibt es teilweise gravierende Unterschiede im Hinblick auf ihr Selbstverständnis, die unternehmerischen Erwartungen und ihre strategische Ausrichtung. Zudem unterliegen vor allem die Rechtsabteilungen in Großunternehmen häufig einem kontinuierlichen organisatorischen Wandel – Getreu dem Motto: „Die einzige Konstante ist die ständige Veränderung.“ Gleichwohl gibt es rote Fäden, die sich durch die meisten Rechtsabteilungen spinnen: Die meisten Rechtsabteilungen sind aus dem „Back-Office“ in das „Front-Office“ umgezogen. Wenn mittelständische und große Unternehmen in einem globalisierten und durchregulierten Geschäftsumfeld immer häufiger und immer schneller auf der Basis von unvollständigen Informationen und ungewissen Annahmen entscheiden und handeln müssen, dann nützen Juristen in Hinterzimmern nichts. Inhouse- und externe Anwälte können im Chor ein Lied davon singen, dass die Erwartungen der Unternehmen an schnelle, präzise und verständliche Rechtsberatung seit Jahren steigen. Das ist Chance und Herausforderung zugleich. Es ist eine Chance, weil es der Rechtsabteilung ermöglicht, „mittendrin statt nur dabei“ zu sein, wenn es um unternehmerische Entscheidungsprozesse geht. Es ist eine Herausforderung, weil die Windstärke im Orkan eine gewisse Wetterfestigkeit erfordert.
Viele Rechtsabteilungen sehen sich seit Jahren einer steigenden Arbeitsbelastung ausgesetzt. Unter der juristischen Überregulierung leiden nicht nur Unternehmen, sondern auch ihre Anwälte.