Natürlich nicht. Technik ist zunächst einmal ein Mittel, um das, was man bisher tut, einfacher, schneller und besser zu tun. Juristen produzieren Texte – Verträge, Schriftsätze und Stellungnahmen. Vor dem Auge der Digitalisierung wird sichtbarer, dass diese Texte wiederkehrende Elemente enthalten. Das ist eigentlich nichts Neues. Auch früher hat man sich schon aus Vorlagen, Mustern und eigenen Vorarbeiten bedient, um etwas für eine neue Konstellation passend zu machen. Digitale Werkzeuge ermöglichen es nur, dies viel konsequenter zu tun. Nun geht es nicht mehr um Wissen, welches in Dokumenten versteckt ist, sondern um Wissens-Bausteine. Aus wiederkehrenden Elementen werden Bausteine, aus denen dann Verträge oder Schriftsätze zusammengesetzt werden. Intelligente Tools organisieren diese Bausteine in einer digitalen Fertigungsstraße. Daten und Informationen werden automatisch eingefügt. Der Nutzer wird mit einer Wissensarchitektur visuell oder durch Fragen geführt. Das Rad wird so nicht mehr jedes Mal neu erfunden. Entscheidend ist jedoch: Benötigt wird ein Fahrer. Welche Kombination von Elementen in diesem Fall passt, entscheidet ein hoffentlich klar denkender Jurist.
Gewisse Prozesse werden vereinfacht oder automatisiert
Bestimmte Arbeiten werden allerdings nicht nur unterstützt, sondern fallen weg. Verträge aus Bausteinen machen über die nunmehr hochauflösende Datenbankstruktur völlig durchsichtig, wann in welcher Konstellation welche Klausel von wem mit welchen Werten und Fristen eingesetzt wurde. Für eine Due Diligence werden dann nicht mehr hochbezahlte Associates, sondern wird nur noch ein Klick benötigt.
Werden für Prozesse oder die Ausführung von rechtlichen Vorschriften nur Daten – beispielsweise die Höhe des Einkommens – oder mit ja oder nein zu beantwortende Informationen benötigt, kann komplett automatisiert werden: Alle Dokumente, Berechnungen und Entscheidungen entstehen in diesem regelgeleiteten Bereich ohne Zutun eines Bearbeiters, zum Beispiel Verwaltungsentscheidungen, Compliance-Prozesse oder Verträge für bestimmte Situationen.
Tools müssen angepasst werden
Dennoch sind auch hier Juristen unverzichtbar. Digitale Werkzeuge entstehen nicht ohne die analytischen Fähigkeiten, die Präzision und Kreativität von juristisch geschulten Köpfen. Tools müssen ständig an eine immer schnellere Entwicklung angepasst, ausgebaut und die Abläufe überprüft werden.
Es lässt sich festhalten: Technik hilft und entlastet von mühsamen, nicht kreativen Arbeiten. Die Maschine langweilt sich nicht. So werden nicht mehr, sondern eher weniger Juristen, dabei verstärkt als Gestalter, benötigt. Überflüssig sind sie auch aus einer weiteren entscheidenden Perspektive nicht: Verträge, Entscheidungen und Prozesse drehen sich um Menschen – und um ihre Interessen und Bedürfnisse. Juristen können und müssen jetzt mehr kommunizieren. Dafür eröffnet die Digitalisierung Zeit und Raum.