04.10.2024

EuGH zur Kennzeichnung ökologischer/biologischer Erzeugnisse

Ein aus einem Drittland eingeführtes Lebensmittel darf das Unionslogo für ökologische/biologische Produktion nur dann tragen, wenn es allen Vorgaben des Unionsrechts entspricht, stellt der EuGH jetzt klar.

ESRS: Delegierter Rechtsakt veröffentlicht

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Das in Bezug auf das Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion geltende Verbot der Verwendung für Erzeugnisse, die in einem Drittland nach Vorschriften hergestellt werden, die denen des Unionsrechts lediglich gleichwertig sind, gilt gleichermaßen für die Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion. Sofern ein Erzeugnis den Drittlandsvorschriften entspricht, darf jedoch das Logo des betreffenden Drittlands für ökologische/biologische Produktion in der Union für ein solches Erzeugnis verwendet werden, auch wenn es Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion enthält. Dies hat der EuGH mit Urteil vom 04.10.2024 (C-240/23) entschieden.

Darum ging es im Streitfall

Herbaria, ein deutscher Hersteller, stellt ein Getränk her, das aus einer Mischung aus Fruchtsäften und Kräuterauszügen besteht und neben ökologischen/biologischen Erzeugnissen nicht pflanzliche Vitamine und Eisengluconat enthält. Auf der Verpackung dieses Erzeugnisses befindet sich u.a. das Logo der Union für ökologische/biologische Produktion (EU-Bio-Logo).

Die deutschen Behörden ordneten an, dass Herbaria das EU-Bio-Logo von der Verpackung dieses Erzeugnisses zu entfernen habe, da das Erzeugnis nicht den Vorgaben der Verordnung über die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen entspreche. Danach dürften Vitamine und Mineralstoffe verarbeiteten Erzeugnissen, die die Bezeichnung „ökologisch/biologisch“ führten, nämlich nur zugesetzt werden, wenn ihre Verwendung gesetzlich vorgeschrieben sei, was bei dem fraglichen Getränk nicht der Fall sei.

Ungleichbehandlung gegenüber anderen Produkten?

Herbaria macht vor dem deutschen Bundesverwaltungsgericht eine Ungleichbehandlung ihres Erzeugnisses gegenüber einem vergleichbaren, aus den Vereinigten Staaten eingeführten Erzeugnis geltend, das ebenfalls nicht pflanzliche Vitamine und Mineralstoffe enthalte, aber nicht mit einem solchen Verbot belegt werde. In der Tat sind die Vereinigten Staaten als Drittland anerkannt, dessen Produktions- und Kontrollvorschriften denen der Union gleichwertig sind. Das bedeutet, dass aus den Vereinigten Staaten stammende Erzeugnisse, die den dortigen Produktionsvorschriften entsprechen, in der Union als ökologische/biologische Erzeugnisse vermarktet werden dürfen. Damit, so Herbaria, ermögliche diese Anerkennung jedoch, dass amerikanische Konkurrenzprodukte das EU-Bio-Logo sowie Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion tragen dürften, sofern sie nur die Produktionsvorschriften der Vereinigten Staaten erfüllten, also auch dann, wenn sie nicht den Produktionsvorschriften des Unionsrechts entsprächen.

Das Urteil des EuGH

Der EuGH, der vom BVerwG zu der aufgeworfenen Ungleichbehandlung befragt wird, befindet, dass bei einem aus einem Drittland eingeführten Erzeugnis, das nach Produktions- und Kontrollvorschriften hergestellt wurde, die als denen des Unionsrechts gleichwertig anerkannt sind, weder das EU-Bio-Logo noch Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion verwendet werden dürfen, wenn es nicht voll und ganz den Produktionsvorschriften des Unionsrechts entspricht. Andernfalls bestünde nämlich die Gefahr einer Beeinträchtigung des fairen Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt für ökologische/biologische Erzeugnisse und von Unklarheiten mit Irreführungspotenzial für die Verbraucher. Mit dem EU-Bio-Logo wird bezweckt, die Verbraucher in klarer Art und Weise darüber zu informieren, dass das Erzeugnis, auf dem es angebracht ist, voll und ganz allen Vorgaben des Unionsrechts entspricht und nicht nur Vorschriften, die diesen Vorgaben gleichwertig sind.

Der EuGH stellt jedoch auch fest, dass ein Drittlandslogo für ökologische/biologische Produktion in der Union für entsprechende eingeführte Erzeugnisse verwendet werden darf, auch wenn es Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion enthält. Ein solches Logo ist nämlich nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass die betreffenden eingeführten Erzeugnisse sämtlichen Produktions- und Kontrollvorschriften der Union entsprechen.


EuGH vom 04.10.2024 / RES JURA Redaktionsbüro

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