29.03.2019

Fragen an: Legal Tech

Aus wiederkehrenden Elementen werden Bausteine, aus denen dann Verträge oder Schriftsätze zusammengesetzt werden. Intelligente Tools organisieren diese Bausteine in einer digitalen Fertigungsstraße. Daten und Informationen werden automatisch eingefügt. Macht die Digitalisierung Juristen bald überflüssig?

ESRS: Delegierter Rechtsakt veröffentlicht

©takasu/fotolia.com

Natürlich nicht. Technik ist zunächst einmal ein Mittel, um das, was man bisher tut, einfacher, schneller und besser zu tun. Juristen produzieren Texte – Verträge, Schriftsätze und Stellungnahmen. Vor dem Auge der Digitalisierung wird sichtbarer, dass diese Texte wiederkehrende Elemente enthalten. Das ist eigentlich nichts Neues. Auch früher hat man sich schon aus Vorlagen, Mustern und eigenen Vorarbeiten bedient, um etwas für eine neue Konstellation passend zu machen. Digitale Werkzeuge ermöglichen es nur, dies viel konsequenter zu tun. Nun geht es nicht mehr um Wissen, welches in Dokumenten versteckt ist, sondern um Wissens-Bausteine. Aus wiederkehrenden Elementen werden Bausteine, aus denen dann Verträge oder Schriftsätze zusammengesetzt werden. Intelligente Tools organisieren diese Bausteine in einer digitalen Fertigungsstraße. Daten und Informationen werden automatisch eingefügt. Der Nutzer wird mit einer Wissensarchitektur visuell oder durch Fragen geführt. Das Rad wird so nicht mehr jedes Mal neu erfunden. Entscheidend ist jedoch: Benötigt wird ein Fahrer. Welche Kombination von Elementen in diesem Fall passt, entscheidet ein hoffentlich klar denkender Jurist.

Gewisse Prozesse werden vereinfacht oder automatisiert

Bestimmte Arbeiten werden allerdings nicht nur unterstützt, sondern fallen weg. Verträge aus Bausteinen machen über die nunmehr hochauflösende Datenbankstruktur völlig durchsichtig, wann in welcher Konstellation welche Klausel von wem mit welchen Werten und Fristen eingesetzt wurde. Für eine Due Diligence werden dann nicht mehr hochbezahlte Associates, sondern wird nur noch ein Klick benötigt.

Werden für Prozesse oder die Ausführung von rechtlichen Vorschriften nur Daten – beispielsweise die Höhe des Einkommens – oder mit ja oder nein zu beantwortende Informationen benötigt, kann komplett automatisiert werden: Alle Dokumente, Berechnungen und Entscheidungen entstehen in diesem regelgeleiteten Bereich ohne Zutun eines Bearbeiters, zum Beispiel Verwaltungsentscheidungen, Compliance-Prozesse oder Verträge für bestimmte Situationen.

Tools müssen angepasst werden

Dennoch sind auch hier Juristen unverzichtbar. Digitale Werkzeuge entstehen nicht ohne die analytischen Fähigkeiten, die Präzision und Kreativität von juristisch geschulten Köpfen. Tools müssen ständig an eine immer schnellere Entwicklung angepasst, ausgebaut und die Abläufe überprüft werden.

Es lässt sich festhalten: Technik hilft und entlastet von mühsamen, nicht kreativen Arbeiten. Die Maschine langweilt sich nicht. So werden nicht mehr, sondern eher weniger Juristen, dabei verstärkt als Gestalter, benötigt. Überflüssig sind sie auch aus einer weiteren entscheidenden Perspektive nicht: Verträge, Entscheidungen und Prozesse drehen sich um Menschen – und um ihre Interessen und Bedürfnisse. Juristen können und müssen jetzt mehr kommunizieren. Dafür eröffnet die Digitalisierung Zeit und Raum.


Prof. Stephan Breidenbach Hochschullehrer, Mediator und Unternehmer / Mitgründer des Legal Tech Centers an der Europa-Universität Viadrina Seit 15 Jahren arbeitet er mit seinen Gesellschaften knowledgeTools International und betterlaw an der nächsten Generation digitaler Rechtsdienstleistungen und entwickelt Technologien zur Unterstützung der inhaltlichen Arbeit von Juristen, insbesondere Vertrags- und Textgeneratoren und Wissensmanagementsysteme für Großverfahren (u. a. Toll Collect) und Gesetzgebung (u. a. BMJV).

Weitere Meldungen


Meldung

©Thomas Reimer/fotolia.com

14.12.2024

Die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren sollen erhöht werden. Damit soll den gestiegenen Personal- und Sachkosten von Rechtsanwaltskanzleien Rechnung getragen werden.

weiterlesen
Höhere Gebühren für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

Meldung

©photo 5000/fotolia.com

06.12.2024

Das Bundeskabinett hat am 04.12.2024 Änderungen an der Bürokratieentlastungsverordnung beschlossen. Passend hierzu untersucht eine neue Studie die Auswirkungen der Bürokratie auf deutsche Unternehmen und deren Wahrnehmung des Unternehmensstandorts Deutschland.

weiterlesen
22 % der Arbeitszeit für Bürokratie nötig

Meldung

©jat306/fotolia.com

26.11.2024

Der Bundesrat hat am 22.11.2024 der Bürokratieentlastungsverordnung nach Maßgabe zugestimmt. Diese Verordnung ergänzt das vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das den Bundesrat bereits im Oktoberplenum passiert hatte.

weiterlesen
Grünes Licht für den Bürokratieabbau

Meldung

©your123/fotolia.com

13.11.2024

Im Bericht für das Jahr 2024 kommt die Cybersicherheitsbehörde des Bundes zur Einschätzung: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland war und ist besorgniserregend.

weiterlesen
BSI-Bericht zur Lage der IT-Sicherheit 2024

Haben wir Ihr Interesse für die ZURe geweckt?

Sichern Sie sich das ZURe Gratis Paket: 2 Hefte + Datenbank