Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts schließt sich im Urteil vom 20.02.2025 (6 AZR 155/23) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen an, wonach ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen hat, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden.
Rechtsanwälte dürfen auf Handakten-Vermerke vertrauen
In diesem Fall muss der Rechtsanwalt auch alle weiteren unerledigten Fristen einschließlich ihrer Notierung in den Handakten prüfen, wobei er sich hierbei grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf, sofern sich keine Zweifel an deren Richtigkeit aufdrängen (BGH, Beschlüsse vom 17.05.2023 – XII ZB 533/22 und vom 19.10.2022 – XII ZB 113/21). Drängen sich solche Zweifel nicht auf, braucht der Rechtsanwalt demnach nicht noch zusätzlich zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich korrekt im Fristenkalender eingetragen ist.
Der Erste, Dritte, Achte und Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts haben auf Anfrage des Sechsten Senats mitgeteilt, dass auch sie sich dieser Rechtsauffassung anschließen bzw. an einer etwaig abweichenden Rechtsauffassung nicht festhalten.
Kein Verschulden bei Fristversäumnis
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die versäumte Revisionsbegründungsfrist hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der Kläger war ohne sein Verschulden daran gehindert, die Frist zur Begründung der Revision einzuhalten. Ein ihm zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten lag nicht vor. Dieser hatte auf der Grundlage der ihm vorgelegten Handakten jeweils die Fristwahrung kontrolliert. Eine über die glaubhaft gemachte ausreichende Kanzleiorganisation hinausgehende Pflicht zur eigenständigen Kontrolle des von der Rechtsanwaltsfachangestellten geführten Fristenkalenders durch den Prozessbevollmächtigten bestand nicht.